Hünfeld und Stadtteile

Hünfeld, Geschichte & Wissenswertes

Hünfeld ist das einzige Mittelzentrum im Biosphärenreservat Rhön und zweitrößter Arbeitsplatzstandort im Landkreis Fulda. Über 6.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und weit mehr als 8 000 Arbeits- und Erwerbsmöglichkeiten sind für eine 17.250 Einwohner zählende Stadt keineswegs selbstverständlich und kennzeichnen den Stellenwert Hünfelds in der Region.

Während in früheren Jahrzehnten gewerbliche, technische und industrielle Arbeitsplätze im wirtschaftlichen Leben unserer Stadt überwogen, hat sich Hünfeld in den zurückliegenden Jahren mehr und mehr auch zu einem Behörden- und Dienstleistungsstandort entwickelt. Allein 1.700 Erwerbstätige gibt es im Bereich des öffentlichen Dienstes, weitere 1.000 im Sektor Gesundheit und Pflege. Dazu gehören beispielsweise ein leistungsfähiges Krankenhaus der Grundversorgung, Senioreneinrichtungen oder ein Fachpflegeheim für Schädel-Hirnverletzte.

Der Behördenstandort wird gekennzeichnet durch die einzig verbliebene Einsatzabteilung der Bundespolizei in Hessen, die Justizvollzugsanstalt oder auch das zentrale Mahngericht für Hessen, die Außenstelle der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung oder das zentrale Beihilfedezernat für die Hessische Landesverwaltung.

Geschichte und Gegenwart

Die Stadt ist aus einer Stiftung Karls des Großen hervorgegangen, der 781 den „Campus Unofelt" an das Kloster zu Fulda schenkte. Auf den Höhen oberhalb der Haune ließen sich wahrscheinlich schon im Jahr 782 Mönche nieder und gründeten ein Benediktiner-Nebenkloster. Daraus entwickelte sich ein Chorherrenstift, in dessen Umfeld Bauern siedelten, die das Land urbar machten. Schon um die Jahrtausendwende besaß Hünfeld zwei Kirchen, die Stiftskirche und die Vorgängerkirche der heutigen Stadtpfarrkirche. Dies zeigt, dass Hünfeld schon im frühen Mittelalter eine beachtliche Entwicklung genommen hatte. Diese erlebte einen ersten Höhepunkt 1310 mit der Verleihung der so genannten „Gelnhäuser Stadtrechte", die der Entwicklung der Stadt weitere Impulse gab. Durch die Lage an der früheren Heer- und Handelsstraße Antsanvia und der späteren Handelsstraße Frankfurt – Leipzig fanden viele Menschen einen Broterwerb durch handwerkliche Dienste, die Beherbergung der reisenden Händler sowie durch Vorspanndienste für die Handelsfuhrwerke. Was in Friedenszeiten zu einem bescheidenen Auskommen der Menschen beitrug, erwies sich in Kriegszeiten als schwere Bürde. Durchziehende Heere hinterließen immer wieder Spuren der Verwüstung. Einquartierungen, Raubzüge und Requirierungen sorgten für viel Leid unter der Bürgerschaft der Stadt. Allein der französische Kaiser Napoleon zog auf seinen Feldzügen neun Mal durch Hünfeld. Auch Größen des Geistes machten in Hünfeld Station. Zu ihnen gehörte der deutsche Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe, der den Hünfeldern ein Gedicht hinterließ, das ein interessantes Zeitzeugnis für die schwerwiegenden Folgen der napoleonischen Kriegszüge ist.

Die schwierige wirtschaftliche und soziale Lage im Vorfeld der Deutschen Revolution 1848 hatte auch Hünfeld erfasst. In dieser Zeit wurde der später dem radikaldemokratischen Flügel der Deutschen Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche angehörende Johann Adam Förster zum Bürgermeister der Stadt gewählt. Er kämpfte bis zuletzt im Badischen Rumpfparlament um die bürgerlichen Freiheitsrechte und war einer der herausragenden politischen Köpfe jener Zeit. Seinen Einsatz für bürgerliche Freiheiten musste er mit dem Verlust der Heimat bezahlen. Im Rahmen der Restauration der monarchistischen Verhältnisse floh er in die Vereinigten Staaten, wo er in den 70-er Jahren des 19. Jahrhunderts als Friedensrichter starb.

Einen weiteren Einschnitt für Hünfeld bedeutete der Anschluss an das Eisenbahnnetz 1866. Dadurch wurden immer mehr Güter auf die neuen Verkehrswege verlagert. Die Zahl der Handelswagen und Postkutschen ging drastisch zurück, die Stadt musste sich wirtschaftlich neu orientieren. Erste industrielle Ansätze entwickelten sich mit einer Flachsverwertungsfabrik, einer Papiermühle und einer Zuckerfabrik. Das beschauliche, bürgerliche Leben wurde jäh unterbrochen durch den Ersten Weltkrieg und noch mehr durch die nationalsozialistische Diktatur, die geradewegs in den verheerenden Zweiten Weltkrieg führte. Am 27. Oktober 1944 verloren 106 Bürger der Stadt und Reisende bei einem verheerenden Bombenangriff auf den Bahnhof ihr Leben. Ungezählte Familien betrauerten Väter und Söhne, die durch den Krieg ihr Leben lassen mussten.

Der Krieg hatte tiefe Wunden im sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben geschlagen. Doch schon wenige Monate später mussten sich die Hünfelder ganz neuen Herausforderungen stellen. Binnen weniger Jahre hatte sich die Einwohnerzahl Hünfelds durch die Ankunft von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten und dem sowjetisch besetzten Teil Deutschlands fast verdoppelt. Es mussten schnell Wohnungen und Arbeitsplätze geschaffen werden. Dies gelang in der stürmischen Nachkriegszeit binnen weniger Jahre. Hünfeld wurde zu einem kleinen Zentrum der Textilindustrie mit zeitweise bis zu 1.200 Beschäftigten, mit der Firma Wella siedelte sich ein Weltunternehmen der Haarkosmetik in Hünfeld an, das in seiner erzgebirgischen Heimat enteignet worden war. Der technische Teil des Unternehmens besteht unter neuen Eigentümern weiter, die Kosmetiksparte wurde allerdings 2018 bis auf eine Entwicklungsabteilung aufgegeben.

Den stürmischen Aufbaujahren und dem beständigen Wachstum folgte in den 60-er Jahren eine Zeit der Konsolidierung, bis 1972 die Kommunale Gebietsreform zu einem weiteren Einschnitt in der Stadtgeschichte führte. 14 ehemals selbstständige Dörfer kamen zu Hünfeld, die Einwohnerzahl verdoppelte sich, die Gemarkungsfläche der Stadt verzehnfachte sich gar. Dafür verlor Hünfeld den Sitz der Kreisstadt, da der Altkreis Hünfeld mit dem Altkreis Fuldas fusionierte. Die 70er Jahre waren geprägt davon, die Infrastruktur in den neuen Stadtteilen Hünfelds auf einen modernen Stand zu bringen.

Titelbild der Broschüre 50 Jahre Großgemeinde
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Auch die Kernstadt erhielt in den 80-er Jahren ein modernes Gesicht mit einer verkehrsberuhigten Innenstadt, ausgedehnten Naherholungs- und Grünanlagen sowie Freizeiteinrichtungen. Eine offensive familienfreundliche Grundstückspolitik sorgte dafür, dass sich viele junge Familien in zahlreichen Neubaugebieten ansiedelten. Auch die wirtschaftliche Entwicklung Hünfelds hielt mit diesem steten Wachstum Schritt. Allein die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten kletterte seit Mitte der 70er Jahre von rund 3.000 auf über 6.000 Beschäftigte.

Eine moderne Stadtentwicklungspolitik sorgte dafür, dass in Hünfeld, im Gegensatz zu vielen anderen Kleinstädten im ländlichen Raum, Verbrauchermärkte auf der grünen Wiese verhindert wurden. Stattdessen wurden diese Märkte im Umfeld der Innenstadt angesiedelt, so dass bis heute Hünfeld über eine Innenstadt mit gut sortierten Fachgeschäften verfügt.

Einen weiteren Einschnitt in der Stadtgeschichte bedeutete die Öffnung der benachbarten innerdeutschen Grenze. Hünfeld wurde dadurch nach 40 Jahren von einer Randlage in die Mitte Deutschlands und Europas gerückt. Zwar litt die Stadt anfangs unter dem starken Fördergefälle zu Standorten im benachbarten Thüringen. So mancher Betrieb, der noch vor der Wende eine Investition in Hünfeld geplant hatte, nutzte die guten Fördermöglichkeiten in Thüringen. Trotzdem entwickelte sich ein reger wirtschaftlicher Austausch, von dem die Stadt heute sehr profitiert. Ohne die vielen Einpendler aus Thüringen, die tagtäglich nach Hünfeld zur Arbeit fahren, hätten sich viele Betriebe nicht so gut entwickeln können.

Seit 2006 ist Hünfeld ganz offiziell Konrad-Zuse-Stadt. Der Erfinder des ersten frei programmierbaren, in binärer Gleitkommarechnung arbeitenden Rechenautomaten, kurzum des Computers, Prof. h.c. Konrad Zuse verbrachte den größten Teil seines schöpferischen Lebens von 1956 bis 1995 in der Stadt. Ihm ist auch ein Museum gewidmet, das die größte Sammlung an Zuse-Rechenautomaten aber auch an Kunstwerken des Malers Zuse beherbergt.     

Als pulsierendes Mittelzentrum im Biosphärenreservat Rhön hat sich Hünfeld auch erfolgreich dem Wettbewerb als Wohnstandort gestellt und konnte die Einwohnerzahl im Gegensatz zu vielen anderen kleinen Städten und Mittelzentren im ländlichen Raum weiter ausbauen.